In 5 Schritten zur Produkt Roadmap – ohne Tracking

Von Protonet Team. Veröffentlicht 24. Januar 2015.

Wie stellen wir bei Protonet eigentlich unsere Produkt Roadmap auf? Wie lernen wir von unseren Kunden was wirklich wichtig ist? Und wie stellen wir sicher, dass das nicht nur Blabla ist? Vom Verstehen, Lernen und Optimieren.

Alles neu – was für wen entwickeln?

Um ein erfolgreiches neues Produkt zu entwickeln ist eines entscheidend: Probleme müssen gelöst werden. Idealerweise die Probleme von (potentiellen) Kunden. Wer ein Unternehmen gründen oder ein neues Produkt entwickeln will, muss sich zwei großen Herausforderungen stellen: Welches Problem soll gelöst werden und wessen Problem ist es? Jede Zielgruppe hat schließlich andere Probleme und andere Prioritäten. Steve Blank, Startup-Koryphäe und Autor von „The four Steps to the Epiphany“ nennt diesen Ansatz „Customer Development“, die „Entwicklung des Kunden“.
Mit den ersten Kunden hört das Entdecken natürlich nicht auf, Produkte müssen weiter entwickelt werden, Features gebaut und gestrichen werden, das ganze – zumindest in einem Startup – mit enorm begrenzten Ressourcen. Worauf setzt man also den Fokus?

Wir bei Protonet haben einen effizienten Weg gefunden, unsere Entwicklungs-Roadmap zu priorisieren. Dabei müssen wir so manche Herausforderung meistern.

The Protonet way – Tracking, nein danke!

Das Buch „The Lean Startup“ von Startup-Experte Eric Ries liegt sicher bei jedem Gründer und Startup interessiertem auf dem Nachttisch. Der Klassiker beschreibt zahlreiche Methoden um ein Unternehmen zu gründen und die üblichen Fallstricke zu umgehen – zum Beispiel ein Produkt zu entwickeln, das am Ende niemand gebrauchen kann. Ein zentraler Bestandteil dabei ist die kontinuierliche Beobachtung, wie Kunden ein Produkt nutzen und wo sich im Umgang mit dem Produkt Schwierigkeiten ergeben. Bei den meisten Cloud-Dienstleistern und SaaS-Anbietern (Software as a Service) wird das Nutzerverhalten deswegen einfach getracked. So kann der Dienstleister verfolgen, welche Funktionen Kunden benutzen und welche eben nicht. Die so gewonnen Daten können ausgewertet und die weitere Entwicklung entsprechend angepasst werden.

Bei Protonet ist das nicht ganz so einfach. Unser zentraler Unternehmenswert ist „Unabhängigkeit“. Wir bauen im Herzen Hamburgs Personal Server, die Unternehmen und Freelancer unabhängig machen – auch von uns. Wir sagen unseren Kunden: „Hol deine Daten aus der Cloud zurück, sie sind das Wichtigste, das du besitzt. Deine Daten sollten bei dir liegen.“ Das macht es uns, auch aus Gründen der Transparenz, unmöglich zu tracken wie unsere Nutzer ihren Protonet Server einsetzen und unsere Software Protonet SOUL benutzen. Tatsächlich widerspricht das nicht nur unseren Werten, wir können allein aus technischen Gründen nicht auf die Nutzung von Protonet SOUL zugreifen, da jeder Protonet Server eine autarke Einheit ist. Und das ist auch gut so.

Alternativ könnten wir unsere Entwicklung so aufstellen, wie es noch immer viele Unternehmen aus dem vorigen Jahrhundert machen: Wir setzen kluge Köpfe in ein hübsches Büro, geben ihnen Geld und hoffen, dass hintenraus etwas entsteht, was unsere Kunden brauchen könnten und kaufen würden. Das ist etwas, naja, riskant.

Oder wir machen, was quasi jedes Unternehmen von sich behauptet: Wir stehen in engem Kontakt zu unseren Kunden. Aber in echt.

Enger Kontakt zum Kunden – in echt

Mehr als 1.200 Protonet Server sind inzwischen im Einsatz, die Zahl der Nutzer liegt vermutlich um ein vielfaches höher (wie gesagt, wir haben keinen Zugriff auf die Nutzung der Server). Natürlich können wir nicht mit zig tausend Nutzern persönlich sprechen um zu erfahren, was für sie gut funktioniert und wo wir nachbessern müssen. Aber wir können eine Kombination von quantitativen und qualitativen Maßnahmen einsetzen, um auf freiwilliger Basis einen guten Einblick zu bekommen und zu lernen, worauf wir unseren Fokus legen.

Ash Maurya, der Autor von „Running Lean“, empfiehlt qualitativ zu entdecken und quantitativ zu verifizieren. In der Praxis bedeutet das: Mit Nutzern sprechen, um Probleme und deren Lösung zu entdecken und dann großangelegt zu prüfen, ob die Erkenntnisse für mehr als einen Fall gelten.

Schritt 1: Besuche den Kunden – zu Hause

Regelmäßig setzen wir uns ins Auto und besuchen unsere Kunden vor Ort (zum Beispiel bei unserer „I love my Data-Tour“ im November). In offenen Interviews fragen wir nach, welche Herausforderungen der Kunde mit Protonet lösen will und wie gut das funktioniert. Es ist wichtig solche Gespräche nicht nur über’s Telefon zu führen. Im direkten Kundengespräch lassen sich Reaktionen und Antworten anhand von Gestik und Mimik viel besser deuten. Ach ja: befragt nicht nur den Geschäftsführer. Die Menschen, die den Server tatsächlich jeden Tag benutzen, haben genau so viel zu erzählen.

Jan, Felix und Maya auf dem Weg zum Kunden

Jan, Felix und Maya auf dem Weg zum Kunden

Wir gewinnen aus diesen Vor-Ort-Gesprächen wertvolle Erkenntnisse und nicht selten lernen wir Einsatzzwecke für Protonet Server kennen, auf die wir selbst nicht gekommen wären. Aber auch Probleme werden offensichtlich: Welche Features funktionieren im Alltag nicht wie gedacht und wo liegen für neue Nutzer die meisten Schwierigkeiten? So wertvoll diese Erkenntnisse sind, so wenig aussagekräftig sind sie im Ganzen. Das Vorgehen eines Kunden kann für den nächsten zu kompliziert sein. Wo der technisch versierte keine Schwierigkeiten hat, scheitert der Einsatz woanders – vielleicht an einer alten Browserversion.

Auf Basis dieser Erfahrungen stellen wir nun Hypothesen auf, die wir im nächsten Schritt versuchen zu  verifizieren.

Schritt 2: Ja, nein, vielleicht – frage deine Kunden

Ende 2014 erstellte unser Produktmanager Jan eine große Umfrage, die sich an die Protonet Server Besitzer richtete, mit dem Ziel, von uns aufgestellte Hypothesen zu überprüfen. Wir wollten unter anderem herausfinden:

  • Welche Zielgruppe/Branche setzt unsere Server hauptsächlich ein?
  • Welche Funktionen sind, je nach Branche, am wichtigsten?
  • Wie zufrieden sind Nutzer mit diesen Funktionen?

Die spannendsten Erkenntnisse aus der Umfrage:

  • (Kommunikations-)Agenturen stellen fast ein Drittel unserer gewerblichen Kunden.
  • Je nach Branche haben Kommunikations- oder Dateimanagementfeatures eine unterschiedliche Bedeutung.
  • Agenturen sind schon heute zum großen Teil zufrieden mit dem Funktionsumfang von Protonet SOUL.
  • Der größte Ausbaubedarf besteht im Dateimanagement.
  • Privatnutzer vermissten Emojis (seit SOUL 2.1 integriert).

Wichtig: Es ist leicht im Nachhinein zu sagen, „das haben wir eh gewusst“. Aber es macht einen großen Unterschied, ob man etwas vermutet oder etwas weiß. Wenn sich die Vermutung bestätigt, um so besser.
Aus unserer Umfrage wissen wir, dass Protonet SOUL für Agenturen gut geeignet ist und es zwei große Unterschiede gibt: kommunikationslastige Agenturen mit Fokus auf Projektorganisation und Agenturen, wie Fotografen- und Videoagenturen, für die natürlich Dateimanagement im Mittelpunkt steht.
Schon aus diesem Wissen könnte man Anforderungen für unsere Software-Roadmap ableiten, aber nicht so schnell …

Schritt 3: Kunden besuchen – ja nochmal

Dank der Umfrage wissen wir also, worauf wir den Fokus in unserer Roadmap legen sollten. Oft bleiben Auswertungen von Umfragen aber recht abstrakt. Zeit für eine neue Tour. Eine Agentur-Tour:
Jan und Philipp setzten sich wieder in’s Auto und besuchten einige unserer Agentur-Kunden, um noch besser zu verstehen, wie sie arbeiten und wie wir sie dabei unterstützen können. Dieses Mal mit dem Fokus auf unsere aufgestellten Hypothesen.
So unterschiedlich wie der Einsatz von Protonet SOUL ist, sind auch die Agenturen, die wir besuchten. Die zwei folgenden Beispiele verdeutlichen das.

„Explainity“ – Dateimanagement mit Protonet

explainity ist eine kleine Agentur aus Lüneburg und besteht aus einer Handvoll Mitarbeiter, die für ihre Kunden Erklärvideos machen. Für die Produktivarbeit nutzt das Team eine Protonet Carlita, die im Büro des Geschäftsführers steht. Haupteinsatzzweck ist das Dateimanagement und der Umgang mit großen Dateien wie Bildern und – natürlich – Videos.

explanity beim SOUL Update

explanity beim SOUL Update

Tatsächlich setzt die Agentur die Kommunikationsoberfläche von SOUL gar nicht ein. Stattdessen wird bei explainity ausschließlich über die Protonet App gearbeitet, die die Dateistruktur des Servers in den Finder, bzw. Explorer integriert. Interessant für uns: Warum wurde bislang auf die Kommunikationsfeatures verzichtet? Beim Agentur-Besuch hat sich gezeigt, dass explainity eine alte Version von SOUL verwendet. Nach einem Update auf SOUL 2.1 kann die Agentur jetzt die deutlich verbesserten Möglichkeiten zum Projektmanagement nutzen. Natürlich werden wir den Einsatz bei explainity weiter beobachten und aus den Erfahrungen lernen. Zwei wichtige Dinge haben wir jetzt schon gelernt: Zum einen müssen Updates und Neuigkeiten noch besser kommuniziert werden, zum anderem funktioniert das Dateimanagement zwar schon gut, die Synchronisation der Dateien muss aber weiter verbessert werden.

„p2 Media“ – Projekte mit Protonet

Ganz anders stellt sich die Anwendung bei p2 media aus Minden dar. Die Full-Service Agentur hat die gesamte Kommunikation auf Protonet umgestellt, wöchentlich finden Protonet-Meetings statt und sogar in den Kundenverträgen steht, dass sämtliche Kommunikation über den Protonet Server abläuft. Für den Arbeitsablauf hat p2 eigene Nutzungsrichtlinien für Protonet SOUL im Projekteinsatz im Team und mit Kunden ausgearbeitet. So können Fehler von Anfang an vermieden werden. Insgesamt nutzt die Agentur die Protonet Carlita also für die Optimierung einer straffen Prozessorganisation. Selbst die Fotos der Mitarbeiterprofile sind farblich an die Abteilung angepasst.

p2media erklärt Jan Agentur Arbeit

p2media erklärt Jan Agenturarbeit

Aus unserer Sicht kann man p2 media auf jeden Fall als Intensivnutzer bezeichnen, von dem wir lernen konnten, dass mit den richtigen Prozessen die gesamte Projektorganisation auf Protonet SOUL stattfinden kann. Außerdem könnten Anwendungsbeispiele und Nutzungsrichtlinien oder -hinweise auch für andere Kunden interessant sein und einen Mehrwert bieten.

Schritt 4: Was haben wir gelernt?

Wir haben gemerkt, dass wir an unserer Kommunikation einiges verbessern können. Informationen zu neuen Updates beispielsweise, bekamen bisher „nur“ die Besitzer eines Personal Servers, da wir ja keine Nachricht an die Box schicken können. Oft ist aber ein anderer Administrator für die Updates zuständig. Deshalb wird es in Kürze eine eigene Mailingliste für Administratoren geben.
Auf lange Sicht nehmen wir uns vor, unseren Kunden als Inspiration für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Protonet, weitere „Best Practice“-Beispiele zu zeigen. So einfach wie SOUL zu benutzen ist, so unterschiedlich kann man die Funktionen nutzen.

Am wichtigsten sind aber die Erkenntnisse für unsere Software Roadmap: Wir haben im ersten Update 2015 schon viele Verbesserungen eingebaut, deren Dringlichkeit wir in unserer Umfrage erkannt haben (teilweise so vermeintlich profane Dinge wie Emojis). Der volle Fokus für’s nächste Quartal liegt jetzt, nach unserer Umfrage, auf dem Dateimanagement.

Schritt 5: Was kannst du daraus lernen?

Du musst nicht jede Bewegung des Kunden in einer Software oder Website tracken, auch mit „herkömmlichen“ Mitteln kannst du viel über deine Nutzer lernen und deren Erfahrungen verbessern.
Entscheidend ist:

  • Kombiniere qualitative mit quantitativen Maßnahmen.
  • Mach dir im Vorfeld Gedanken darüber, was genau du wissen willst. Konzentriere dich auf einen Themenschwerpunkt.
  • Wenn du den Erkenntnissen keine Taten folgen lässt, kannst du dir den Aufwand gleich sparen. Sei dir schon im Vorfeld darüber klar, ob ein Einfluss auf die Produkt-Roadmap überhaupt gewünscht ist.
  • Kunden sind unterschiedlich. Suche die Gemeinsamkeiten, verstehe die Probleme und Lösungen. Am Ende aber, entscheidest DU wohin der Weg geht.

Was willst du noch wissen?

Was tust du, um die Entwicklung „richtig“ zu priorisieren? Möchtest du mehr darüber erfahren, wie wir von unseren Kunden lernen? Hinterlasse uns einen Kommentar!